Montag, 16. Januar 2012

Die Wüste lebt

Ach, wie schön sind Spornblumen. Führen einen wirklich tadellosen Lebenswandel, sehen stets adrett aus mit ihrem glänzenden immergrünen Laub, und erfreuen auch noch die Insektenwelt. Trockenheitsresistent ist Centranthus ruber außerdem noch, was eine ungemein praktische Zugabe darstellt.


Ihre Blütezeit ist erfreulich lang mit guter Fernwirkung im größeren Bestand.


Mit jeder guten Eigenschaft dieser mediterranen Wunderblume steigt selbstverständlich auch die Begierde, ihrer habhaft zu werden. Und so habe ich jahrelang versucht, es ihr im Garten schmackhaft zu machen. Ich habe ihre Samen verstreut, Sämlinge ausgepflanzt, mit Kompost gelockt - aber es half alles nichts. Die Blume war bockig. Wo ich sie haben wollte, wollte sie nicht. Unser Verhältnis blieb entsprechend unterkühlt. Zum Glück aber lungern ein paar Häuser weiter einige Exemplare herum, die ihre Flugsamen freigiebig in alle Winde zerstreuen. Und siehe da - die Windrichtung war mir hold. 

Nicht dass jetzt jemand denkt, die Sämlinge hätten sich hübsch im Beet einquartiert. Nein, das kann ja jeder. Stattdessen waren sie in ihrer Platzwahl etwas unkonventionell. Daher bitte ich Ordnungsfanatiker, lieber wegzusehen bei dem Anblick, der jetzt folgt. Nur für hartgesottene Pflanzenliebhaber ist dies hier zu ertragen, ohne dabei schamhaft so rot zu werden wie die Blüte der Spornblume selbst:


Die nächstbeste Pflasterfuge wird gleich mitbesiedelt

Richtig, sie wachsen ausschließlich in und an der mit Kieselsteinen gefüllten Rinne, die nach altem westfälischen Volksglauben die Hausfassade vor Schmutzspritzern schützen soll. Mit der unfehlbaren Sicherheit eines botanischen Spürhundes haben sie die wahrscheinlich einzige vakante Stelle im ganzen Garten gefunden - abgesehen von der Dachrinne. Hier sind die Pflänzchen konkurrenzlos, da will sonst keiner freiwillig wachsen. Und dieses völlige Fehlen von lästiger Wurzelkonkurrenz und Verschattungsversuchen bereits etablierter Widersacher hat diesen Flecken wohl für Quereinsteiger so überaus attraktiv gemacht.

Diese Gesteinsbrockenödnis hatte bisher überhaupt gar kein pflanzliches Leben hervorgebracht. Jeder Samen, der dort aus Versehen keimte, war verloren. Ich gestehe, ich habe schon des Öfteren überlegt, diese Wüste mit Steinbrech oder anderen Pflanzen zu beleben, mich aber nie so recht getraut - was sollen denn die Nachbarn denken? Dieser Fall aber war ja nun völlig anders gelagert - schließlich war Centranthus ruber hier aus freien Stücken eingezogen. Das ist doch im wahrsten Sinne ein Geschenk des Himmels! Allein, was sie bloß versorgungstechnisch an diesem Habitat findet, ist mir schleierhaft. Dieser Ort ist in etwa so einladend wie eine Autobahnbaustelle, und noch dazu im Halbschatten. Erde und Nährstoffe dürften hier nur als Spurenelemente vorhanden sein - dennoch wachsen und gedeihen die fröhlichen Blumen. In diesem Winter sind sie sogar schon ganz proppere Kerlchen geworden. Wikipedia weiß auch hierauf eine Antwort: "Als Standorte werden Fels- und Mauerspalten, Felsschutt und Wegränder bevorzugt.". Bingo, das trifft alles gleichzeitig auf meine Steinrinne zu!


So viel Tapferkeit muss doch belohnt werden, oder? Was meint ihr - lässt mich die Duldung dieser Lückenbüßervegetation zum Messie werden oder trägt so ein Blümchen zum Ambiente bei? Mein Mann jedenfalls möchte, dass dieses "Unkraut" dort schleunigst verschwindet, und zwar am besten gestern. Ich bin dafür, die spontanen Spornblumen zu belassen. Dass die Insektenwelt sich hocherfreut zeigen wird, steht schließlich außer Frage.

15 Kommentare:

  1. wegmachen? so schoene blumen, die auch noch "umsonst" eingezogen sind? nee, echt, das geht ja garnich! ausserdem, wenn sowieso was dort wachsen soll, wieso dann nicht centranthus? der sieht doch schoen aus! ich waer froh, wenn der bei mir einzoege, aber dem ist es hier zu nass... obwohl, vielleicht sollte ich einfach mal samen sammeln und sie auf meinen mauern obenauf ausstreuen??? super, da hast du eine feine idee ausgeloest:)) und hau deinem mann auf die finger, wenn er an die blumen geht:))

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  2. Auf keinen Fall wegmachen!!! Wir freuen uns schon auf die Fotos von den lieblichen roten Blumenfrohleins im kommenden Sommer :-) Und Platz bleibt sicher noch genug, um dort vorbeizugehen. Kein einzges Argument dagegen also. Unordnung im Garten, ts, ts, sowas. Also wirklich ;-)))
    Ganz liebe Grüße an deinen Liebsten, aber er sollte es sich nicht mit uns, deinen Fans anlegen :-)
    Liebe Grüße
    Elisabeth

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  3. na lassen natürlich und - mehr davon :-)

    Auch Lavendel und Rosmarin würden sich dort wohlfühlen - also ein Kiesbeet draus machen.
    Du hast eine so schöne Art zu schreiben! Danke für den Beitrag!
    Viele Grüße von Renate

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  4. Oh ja die Spornblume, von der kann ich auch ein Lied singen. Ich habe das gute Stück in weiß und rot und besonders die Rote scheint es auch bei mir auf den Splittstreifen im Paradiesgarten abgesehen zu haben. Ach eigentlich findet sie sich überall wieder im Umkreis von 1nem Meter... ich lass sie gedeihen wo sie will ...und euer Traufstreifen wird`s auch aushalten. ein Pflänzchen macht ja noch nichts und sollte sie sich aussamen, dann kannst du sie ja immer noch umsetzten... Viel Glück mit deiner Spornblume im Geröll ;-) LG Annette

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  5. Liebe Elke, dir fallen auch zu jeder Saison Themen zum Garten ein! Ich bin gerade so mit Singen und Karnevalswagenbau beschäftigt...Wollte mich aber bedanken für deinen Post über den Gartenzeitschriftenmarkt! Du sprichst mir aus dem Herzen. Ich stimme dir in allen Punkten zu. Bedauerlicherweise wird es auch im Zeitalter von Computer, Onlinemagazinen und natürlich Blogs nicht unbedingt reger auf dem Gartenzeitschriftenmarkt. Wenn mal nur die Qualiät nicht weiter darunter leidet.
    Ganz lieber Gruss Sibylle

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  6. Hallo Elke.
    Bei deinem Post heute bekomme ich Sehnsucht nach Sommer.
    Aber bald------------------- in ein paar Monaten ist es wieder soweit.
    Genießen wir noch den Winter.Ist doch auuuuuuuuuuuuch schön.
    Schöne Woche liebe Elke und liebe GRüße Jana

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  7. also was mein mann sagt ( sagt der was ?? ) hör ich nicht...
    weil was ich sag hört der ja auch nicht.. :))))

    naturallemente stehenlassen !!!

    schmunzelnde grüße

    stella

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  8. Hallo Elke
    Neee, Du musst die Flüchtlinge behalten, ist doch ganz klar. Bist ja kein Unmensch :o). Ich liebe die Spornblumen auch und da ich sie meistens viel zu lange stehen lasse, bevor ich zur Schere greife, haben sie sich auch munter überall da nieder gelassen, wo sie eigentlich nicht sollten. So schauen sie jetzt auch schon ganz keck unter einer Steintreppe hervor. GG meinte auch, dass die weg müssen... naja, er kann sie schon entfernen, wenn er will, aber ich rühre sie nicht an... und da er Gartenarbeit verabscheut, denke ich mal, dass ihr überleben gesichert ist *grins*. In England habe ich schon lilafarbene Spornblumen gesehen, allerdings habe ich in unserer Gegend solche noch nie gesichted und natürlich auch keine Sämchen davon. Jäh nu, ich werde bei unserem nächsten Englandbesuch einfach meine Augen offen halten und vielleicht klappt's dann auch mit den ausländischen Spornblumen in meinem Garten.
    Wünsche Dir einen genussvollen Tag.
    En liebe Gruess
    Alex

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  9. Liebe Elke, dass macht richtig Lust auf Sommer, ich freu mich schon total auf die Gartenarbeit, naja eigentlich kann ich es ehrlich gesagt schon gar nicht mehr erwarten. GLG Petra

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  10. mein Mann hätte dies auch gesagt, bisher hatten wir alte Waschbetonplatten , deren Fugen sehr besiedelt waren, nun ist ales neu mit neuen Terassensteine verlegt und ich denke , die Fugen muß ich im kommenden Jahr verteidigen , gerade das Asyrum wächst darin so gut aber auch Lavendel hat sich schon darin angesiedelt...

    und ich hoffe einige deiner Samen wehen auch in meine Fugen, ich habe auch schon öfter versucht sie anzusiedeln ,immer vergeblich
    Frauke

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  11. Auf jeden Fall wachsen lassen. Die werden dort ganz sicher richtig toll blühen. Ich mag Spornblumen sehr gerne, auch weil sie weder gedüngt noch gegossen werden müssen. Ich hatte auch mal eine weißblühende Spornblume, die war aber leider schnell wieder aus dem Garten verschwunden - schade!
    LG Angelika

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  12. Hallo,
    natürlich stehen lassen !!! :) Ich mag es, wenn die Pflanzen sich ihren Platz suchen, das macht den Garten interessanter.
    Hatte übrigens das gleiche Problem, habe es erst nach mehrmaligem Versuch geschafft die Spornblume in meinen Beeten zu etablieren.
    LG Dagmar

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  13. Es lebe die Frechheit und Anarchie. Herrlich, wie sich das Blühvolk die Steinwüste untertan macht. Mir gefallen diese Dreisten und ich hoffe, sie dürfen bleiben.

    Liebe Grüße, Jo

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  14. So, jetzt konnte ich endlich Deinen neuen Artikel aufrufen. Das Internet via Handy wollte diese Seite nicht aufmachen. Dies gibt mir heute noch Rätsel auf.
    In Graz wuchsen immer Pflanzen auf dem Kiesel, die ich definitiv nicht haben wollte :)

    lg kathrin

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  15. Danke für eure Fürsprache! Jetzt sollte ich genug Überzeugungskraft haben, um die Blumen vor dem Jäten zu bewahren!
    Viele Grüße
    Elke

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